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Das Drei-Ringe-Modell nach Renzulli

Text: Martina Kolcava, überarbeitet von Stephanie Schmitt-Bosslet


Das wohl bekannteste und dennoch einfachste Modell ist das Drei-Ringe-Modell von Renzulli, der sich damit von der bis dahin vorherrschenden Theorie der reinen Intelligenzdefinition von Hochbegabung distanziert, indem er zwei weitere Komponenten und das Umfeld hinzufügt.


Drei-Ringe-Modell nach Renzulli
Abb. 1: Das Drei-Ringe-Modell nach Renzulli und der Houndstooth- Hintergrund 1978 (www.gifted.uconn.edu)

Im Drei-Ringe-Modell löst das Zusammenspiel dreier Faktoren einen dynamischen Prozess aus, welcher unter Einbezug des persönlichen Umfeldes, symbolisiert durch den Hintergrund, zu hochbegabtem Verhalten und zu hoher Leistung führt bzw. führen kann.


Zu den überdurchschnittlichen Fähigkeiten (above average ability) zählt Renzulli sowohl allgemeine kognitive Fähigkeiten (Fähigkeit, Informationen zu verarbeiten, Erfahrungen zu integrieren und sich so in neuen Situationen angemessen zu verhalten, sowie logisch-abstrakt zu denken) als auch spezielle Fähigkeiten (Fähigkeit, Wissen oder Fertigkeiten in einem oder mehreren spezifischen Wissens- oder Tätigkeitsbereichen zu erwerben und einzusetzen).


Unter Kreativität (creativity), auch Gestaltungswille und Produktivität, versteht Renzulli eine bestimmte Form des Lösungsverhaltens für Aufgaben, Vorstellungsreichtum, Flexibilität und Originalität im Denken, Offenheit und Sensibilität für Neues, Neugier, abenteuerliches und geistig spielerisches Verhalten und Sensibilität für Details.


Mit Engagement (task commitment) ist die Fähigkeit einer Person gemeint, sich intensiv und über längere Zeit einer Aufgabe zuzuwenden. Dieses Merkmal ist nicht mit purer Motivation gleichzuset- zen, sondern zeigt sich in Form eines Leistungswillens und der Einstellung zu Wissen und Lernen. Ver- langt wird ein hohes Ausmass an Interesse, Begeisterung und Ausdauer in Bezug auf einen be- stimmten Problembereich.


Renzulli distanziert sich deutlich von einer rein statischen Intelligenzdefinition und bringt seine stärker entwicklungsorientierte Position durch die Auffassung zum Ausdruck, dass eine Person nicht als hochbegabt geboren wird, sondern vielmehr hochbegabtes Verhalten entwickelt. Voraussetzung für diese dynamische Entwicklung von Begabungen ist allerdings das optimale Zusammenwirken dieser drei Persönlichkeitsmerkmale. Nur dann können sich hohe Leistungen zeigen. Renzulli betont, dass er mit seiner Hochbegabungskonzeption vor allem das Ziel verfolgte, eine möglichst grosse Gruppe von potentiell Hochbegabten zu entdecken. Er lehnt die einseitige Diagnostik über Intelligenztests ab und fordert, dass Faktoren wie Aufgabenzuwendung und Kreativität berücksichtigt werden müssen, um nicht nur die sogenannten «Schulbegabten» zu entdecken, sondern auch die «kreativ-produktiv Begabte».


Renzulli Modell zur Darstellung begabten Verhaltens
Abb. 2: Renzulli Modell zur Darstellung begabten Verhaltens

Renzulli bietet mit seinem SEM, dem Schulischen Enrichment Modell, Schulen ein Konzept der Begabungsförderung an, welches ermöglicht, möglichst viele potenziell hochbegabte Schüler und Jugendliche an Schulen zu erkennen und zu fördern. «Hochleistungsverhalten resp. die Entwicklung von Begabungsmerkmalen zeigt sich bei bestimmten Menschen (nicht bei allen), zu bestimmten Zeiten (nicht zu jeder Zeit) und in bestimmten Situationen (nicht in allen Situationen).» (Renzulli SEM 2001 S. 23, Kongress Begabung Schweiz Sept. 2014).


Die entsprechende Darstellung in Abb. 2 zeigt dabei deutlich eine Abkehr Renzullis vom genuinen Intelligenzansatz hin zur Ebene sozialer Interaktion und die Hinwendung von einem statischen Begabungsbegriff (vorher) zu einem dynamischen Begriff (zu verschiedenen Zeitpunkten; unter bestimmten Bedingungen; bei bestimmten Personen).


Das «Drei-Ringe-Modell» war für einige andere Forscher und deren Modellkonzeption grundlegend. So ist es eindeutig auch in dem Modell von Mönks in modifizierter Form wiederzufinden. In seiner Darstellung sind die drei Persönlichkeitsmerkmale (überdurchschnittliche Fähigkeiten, Engagement und Kreativität) umgeben von einem Dreieck der Sozialbereiche Familie, Schule und - von zentraler Bedeutung - dem Freundeskreis (Peers).



 


 

Quelle


Renzulli, J. S. (2003). Eine Erweiterung des Begabungsbegriffs unter Einbeziehung co-kognitiver Merkmale mit dem Ziel der Vermehrung von sozialem Kapital. Vortrag am Kongress „Curriculum und Didaktik der Begabtenförderung – Begabungen fördern, Lernen individualisieren“ vom 24. – 27.09.2003 an der Universität Münster. Zusammenfassung und Uebersetzung: Monika Jost (2005/6). Labyrinth 86/2005 und Labyrinth 87/2006. Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind.



 



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