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  • Die Multiplen Intelligenzen nach Gardner – nur ein «Neuromythos»?

    Bei der Lektüre über die Theorie der Multiplen Intelligenzen (nachfolgend in den Zitaten als «MI» erwähnt) von Howard Gardner, und nach dem äusserst spannenden Input von Dr. Dominik Gyseler zum Thema «Neurowissenschaftliche Grundlagen der Hochbegabung» machte mich ein Satz in den Take-Aways des Abstracts «Abschied vom IQ. Die Rahmen-Theorie der vielfachen Intelligenzen» (Gardner 2005) besonders neugierig: «Jede Intelligenz wird von Prozessen im Gehirn gesteuert und ist dort eindeutig lokalisierbar.» Ist das wirklich so? Wie im Abstract erwähnt, lassen sich Intelligenzforscher in zwei Gruppen einteilen. Während die eine Gruppe von einer generellen Intelligenz ausgehen, glaubt die andere an unabhängige Fähigkeiten. Folglich müsste Kritik am Konzept der Multiplen Intelligenzen vorhanden sein. Nachfolgend nehme ich Bezug auf einen Text von Lynn Waterhouse, der 2023 publiziert wurde. Der Artikel wurde mir auf Nachfrage von Dr. Dominik Gyseler als Fundamentalkritik an der Theorie der Multiplen Intelligenzen empfohlen. Er bestätigte zudem meinen Verdacht, dass Gardner mittlerweile widerlegt wurde. Das Hauptargument, das er dabei nannte, ist, dass die Intelligenzen von Gardner relativ breit angelegt sind. Will man aber mentale Vorgänge an bestimmten Stellen im Gehirn nachweisen, müssen diese sehr eng gefasst sein. Nur dann gibt es sogenannte «neuronale Korrelate», die wiederholt gemessen werden können. (Gyseler per E-Mail, 30.4.24). Die Kritik an seiner Theorie ignorierte Gardner erstmal. «For over a decade, I was content to let MI Theorie take on a life of its own. I had issued an ensemble of ideas (or „memes“) to the world, and I was inclined to let those memes fend for themselves.» (Gardner, 2011, S. 79). Später argumentierte Gardner, dass seine Theorie der Multiplen Intelligenzen auf der persönlichen Lektüre von Forschungsergebnissen aus den unterschiedlichsten Bereichen (Neurowissenschaft, Kognitionswissenschaft, Anthropologie und Evolutionswissenschaft) basiere (Gardner and Moran, 2006, S. 229). Doch das erklärte erst die Vorgehensweise, lieferte jedoch nicht die wissenschaftliche Validierung seiner Theorie. Gardner bat nun die Forscher, seine früheren Publikationen zu lesen, um darin Hinweise für die Gültigkeit seiner Theorie zu finden (Gardner, 2020b). Er erklärte: «there is an entire 400-page book Howard Gardner Under Fire in which I respond to these and other critiques (Shaler, 2006). I would ask that both researchers and educators review these writings and exchanges before connecting the theory that I developed with the provocative, and contentious phrase “neuromyth”» (Gardner, 2020b, S. 3). Schliessilch distanzierte er sich von seiner ursprünglichen Behauptung, dass seine Theorie der Multiplen Intelligenzen auf einer neurologischen Basis beruht. Er erklärte «while brain evidence was cited in my original work, I have never claimed that “MI” is a neurological theory» (Gardner, 2011, S. 3). Damit widerspricht er sich und seinen früheren Publikationen, wie zum Beispiel dass «jede Intelligenz von Prozessen im Gehirn gesteuert wird und dort lokalisierbar ist.» (Gardner, 2005). Zudem wurden bislang keine neurologischen Korrelate der Intelligenzen im Gehirn gefunden (Waterhouse, 2006; Geake, 2008; Dekker et al., 2012; Howard-Jones, 2014; Ruhaak und Cook, 2018; Blanchette Sarrasin et al., 2019; Craig et al., 2021; Rousseau, 2021b). Folglich ist und bleibt die Theorie der Multiplen Intelligenzen nach Gardner ein «Neuromythos», bis Forscher die Gültigkeit von «each of the intelligences has its characteristic neural processes» (Gardner, 2020b, S. 94) belegt haben. Bis diese Beweise gefunden worden sind, gibt es keine Argumente für die Überlegenheit der Theorie der Multiplen Intelligenzen gegenüber anderen Lehrstrategien im Klassenzimmer. Dies untermauern auch die folgenden drei Argumente aus der Fundamentalkritik (vgl. Waterhouse, 2023): Studien haben gezeigt, dass die Intelligenzen nicht unabhängig voneinander funktionieren. Auch wenn viele Lehrpersonen davon überzeugt sind, dass die Lehrstrategien, die auf den Multiplen Intelligenzen basieren, sehr effektiv sind, wurden diese Strategien bislang noch nicht hinreichend untersucht. Entgegen der allgemeinen Überzeugung, dass jede Intelligenz im Gehirn lokalisiert werden kann, haben neurowissenschaftliche Forschungen gezeigt, dass die Multifunktionsnetzwerke, in denen das Gehirn organisiert ist, die Möglichkeit separater neuronaler Netzwerke ausschliessen. Der Artikel spricht noch einige weitere Punkte an, auf die ich an dieser Stelle jedoch nicht näher eingehen möchte. Vielmehr möchte ich an diesem Punkt mit einem persönlichen Fazit abschliessen. Fazit Wer mit Gardners Multiplen Intelligenzen arbeitet, sollte sich bewusst sein, dass es sich nicht um eine wissenschaftliche fundierte und allgemein gültige Theorie handelt – und somit nicht «das Mass aller Dinge» ist. Demgegenüber stehen neurowissenschaftlich getestete und als erfolgreich bestätigte Lehrstrategien. So hat die Forschung gezeigt, dass «Wiederholung das Lernen fördert und dass es einen neuartigen „Schalter“ im Gehirn gibt, der die Verarbeitung von etwas Neuem in der Umgebung verbessert» (Gómez -Ocádiz et al., 2022, in: Waterhouse, 2023, S. 4).  Wirkungsvoll ist es auch, wenn eine Lehrperson einer Schülerin oder einem Schüler  individuelle Aufmerksamkeit schenkt (Schacter, 2000) und neue Informationen spannend vermittelt werden (Perugini et al., 2012; Leventon et al., 2018). Trotz all der Kritik bieten die Multiplen Intelligenzen vielfältige Orientierungs- und Anknüpfungspunkte für einen stärkeorientierten, begabungsfördernden Unterricht im Sinn von «jedes Kind ist begabt» und «jedes Kind ist anders begabt». Aufgaben, die unter dem Aspekt der Multiplen Intelligenzen vielseitig formuliert werden, ermöglichen eine Lebensnähe für jedes Kind und seine individuelle Begabung. Und damit auch ein persönliches «Wachsen» und «Gedeihen». Essentiell für den Lernerfolg ist jedoch, dass der Einsatz der Multiplen Intelligenzen nur in Verknüpfung mit wissenschaftlich validierten Lehrstrategien erfolgen sollte. Quelle Waterhouse L. (2023) Why multiple intelligences theory is a neuromyth. Front. Psychol. 14:1217288. doi: 10.3389/fpsyg.2023.1217288 https://www.frontiersin.org/journals/psychology/articles/10.3389/fpsyg.2023.1217288/full Weitere Literaturhinweise Blanchette Sarrasin, J., Riopel, M., and Masson, S. (2019). Neuromyths and their origin among teachers in Quebec. Mind Brain Educ. 13, 100–109. https://doi:10.1111/mbe.12193. doi: 10.1111/mbe.12193 Craig, H. L., Wilcox, G., Makarenko, E. M., and Mac Master, F. P. (2021). Continued educational neuromyth belief in pre-and in-service teachers: a call for de-implementation action for school psychologists. Can. J. Sch. Psychol. 36, 127–141. doi: 10.1177/0829573520979605 Dekker, S., Lee, N. C., Howard-Jones, P., and Jolles, J. (2012). Neuromyths in education: review. Front. Psychol. 12:719692. doi: 10.3389/fpsyg.2021.719692 Gómez-Ocádiz, R., Trippa, M., Zhang, C. L., Posani, L., Coco, S., Monasson, R., et al. (2022). A synaptic signal for novelty processing in the hippocampus. Nat. Commun. 13:4122. doi: 10.1038/s41467-022-31775-6 Leventon, J. S., Camacho, G. L., Ramos Rojas, M. D., and Ruedas, A. (2018). Emotional arousal and memory after deep encoding. Acta. Psycholol. 188, 1–8. doi: 10.1016/j.actpsy.2018.05.006 Gardner, H. (2005). Abschied vom IQ. Die Rahmen-Theorie der vielfachen Intelligenzen. Klett-Cotta Gardner, H. (2011). Frames of mind: A theory of multiple intelligences. New York: Basic Books. Gardner, H. (2020b). «Neuromyths»: a critical consideration. Mind Brain Educ. 14, 2–4. doi: 10.1111/mbe.12229 Geake, J. (2008). Neuromythologies in education. Education Research 50, 123–133. doi: 10.1080/00131880802082518 Howard-Jones, P. A. (2014). Neuroscience and education: myths and messages. Nat. Rev. Neurosci. 15, 817–824. doi: 10.1038/nrn3817 Perugini, A., Laing, M., Berretta, N., Aicardi, G., and Bashir, Z. I. (2012). Synaptic plasticity from amygdala to perirhinal cortex: a possible mechanism for emotional enhancement of visual recognition memory? Eur. J. Neurosci. 36, 2421–2427. doi: 10.1111/j.1460-9568.2012.08146.x Rousseau, L. (2021b). «Neuromyths» and multiple intelligences (MI) theory: a comment on Gardner (2020). Front. Psychol. 12:720706. doi: 10.3389/fpsyg.2021.720706 Ruhaak, A. E., and Cook, B. G. (2018). The prevalence of educational neuromyths among pre-service special education teachers. Mind Brain Educ. 12, 155–161. doi: 10.1111/mbe.12181 Schacter, J. (2000). Does individual tutoring produce optimal learning? Am. Educ. Res. J. 37, 801–829. doi: 10.3102/00028312037003801 Shaler, J. A. (2006). Howard Gardner under fire: The rebel psychologist faces his critics. Chicago: Open Court. Waterhouse, L. (2006). Multiple intelligences, the Mozart effect and emotional intelligence: a critical review. Educ. Psychol. 41, 207–225. doi: 10.1207/s15326985ep4104_1

  • Unerkannte Begabungen: Risikogruppen und besondere Förderbedürfnisse

    Fremdsprachige |  Bildungsferne als Bildungsbenachteiligte | Verleugnung – Furcht vor Vorurteilen | Dysfunktionaler Perfektionismus | Minderleistung – Underachievement | Übererregbarkeit – Overexcitability | Begabung und Behinderung - Twice Exceptional Abb: Risikogruppen & besondere Förderbedürfnisse (Nicole Vontobel, CAS IBBF 2023) 1. Fremdsprachige Zahlreich sind die Beispiele fremdsprachiger Schülerinnen und Schüler, die aufgrund mangelhafter sprachlicher Ausdrucksfähigkeit in ihren kognitiven Begabungen unterschätzt werden. Breit kann denn auch nachgewiesen werden, dass Schülerinnen und Schüler aufgrund ihrer Fremdsprachigkeit von Lehrpersonen vorschnell falsch eingeschätzt werden. Diese Vorurteile beeinflussen die Erwartungshaltung an die Lernenden und oft auch die Bewertung deren Leistungen. Die sprachliche Gewandtheit und ein der jeweiligen Schulkultur entsprechender Soziolekt kann als ein wesentlicher Schlüssel für schulischen Erfolg angesehen werden, weil Sprachverhalten oft irrtümlich als Indikator für kognitive Fähigkeiten gewertet wird (Ditton 2007; Stanat, Rauch & Segeritz 2010). 2. Bildungsferne als Bildungsbenachteiligte Nach wie vor zeigt die Forschung auch in belastender Weise auf, dass Schülerinnen und Schüler aus niedrigen sozialen Bildungsmilieus überdurchschnittlich oft in die unteren Leistungsniveaus der Sekundarschule eingewiesen werden. Niedrige Erwartungshaltung des Elternhauses, oft niedriges schulisches Selbstkonzept, aber auch Effekte der Leistungsbewertung durch Lehrpersonen bewirken offenbar einen sogenannten Mittelschicht-Bias (Hartmann 1990), der dazu führt, dass sozial Benachteiligte durch unser Bildungssystem und tradierte Lernpraktiken prädestiniert sind, zu Bildungs-Verlierern zu werden (Bourdieu 1986; Bourdieu & Passeron 1990; Baumert et al 2001). Dieses breit untersuchte soziale Phänomen untermauert die begründete und ernstzunehmende Kritik am teilweise nicht eingelösten Versprechen der Bildungsgerechtigkeit der bestehenden Schulpraxis. 3. Verleugnung – Furcht vor Vorurteilen Kinder und Jugendliche mit überdurchschnittlichen Fähigkeiten realisieren schon früh, dass sie teilweise anderes denken als ihre Mitschülerinnen und -schülern. Sie stellen andere Fragen, möchten mehr wissen oder sind hoch motiviert. Dies fällt nicht nur Ihnen auf, sondern auch den Mitschüler/innen und den Lehrpersonen, die darauf unterschiedlich reagieren können. So lösen hohe Begabung und Interesse in der Umgebung bei manchen Menschen Neid oder Angst vor Unterlegenheit aus, während andere diese positiv überhöhen. Von vielen Begabten wird diese Situation als bedrohlich erlebt. Sie möchten gerne ganz normale Sozialkontakte zu ihren Gleichaltrigen pflegen. Aufgrund ihrer Lernfreude und Leistungsbereitschaft riskieren sie aber, als Streber oder als «anders als die anderen» auffällig und ausgegrenzt zu werden (Coleman & Cross 2000). Selbst, wenn kein äusserer Druck besteht, können sie subjektiv ihr Anderssein wahrnehmen und aus Furcht vor Ausgrenzung maladaptive Bewältigungsstrategien der Anpassung an die Gruppe oder Verleugnung der eigenen Fähigkeiten und Interessen entwickeln. Insbesondere Mädchen verstecken ihre Begabungen oft schon sehr früh und scheinen insbesondere im Jugendalter im Dilemma zwischen Hochleistung und Dazugehörigkeit ihre Potenziale und Interessen nicht offen zu zeigen (Reis 2002; Neihart 2006). «Be smart but not too smart», «compete, but be nice» sind Ausdruck dessen, wie überdurchschnittlich begabte Jugendliche die widersprüchlichen Erwartungen ihres sozialen Umfelds beschreiben. 4. Dysfunktionaler Perfektionismus Perfektionismus ist zu unterscheiden in eine gesunde Form des adaptiven Perfektionismus und eine dysfunktionale Form, die Personen, die unter «ungesundem Perfektionsmus» leiden, blockiert. Beiden Formen liegen aussergewöhnlich hohe Leistungsansprüche an sich selbst zugrunde. Beim adaptivem Perfektionismus stellt das Erleben von Freude beim Streben nach exzellenter Leistung und hohen Zielen eine positive Ressource dar. Demgegenüber stellen Personen mit dysfunktionalem Perfektionismus übersteigerte Erwartungen an sich (und an andere), die kaum oder nicht erfüllbar und erdrückend sein können. Sie leiden dann unter einem extrem hohen Leistungsdruck, dem sie sich schliesslich nicht gewachsen fühlen. Weil sie ihr Selbstverständnis an das Erreichen sehr hoher Leistungsziele koppeln, kann sich eine pathologische Angst vor Fehlern, Misserfolg entwickeln. Diese kann sich in Blockaden, im Aufschieben oder Vermeiden von Aufgaben, in mangelnder Erfolgszuversicht und in hohen Versagensängsten äussern und zu einem schwerwiegenden Einbruch des Selbstwerts führen, der die Person letztlich handlungsunfähig macht (Silverman 1999; Schuler 2002; Rimm 2008). 5. Minderleistung – Underachievement Immer wieder finden sich auch Schülerinnen und Schüler mit (teils sehr) hoher Intelligenz in niedrigen Leistungsniveaus der Sekundarschule. Sie erzielen nur mässige oder schlechte Leistungen, wiederholen Klassen oder scheitern ganz an der Schule. Solche Jugendliche, deren Leistung hinter dem zurückbleibt, was sie von ihren Fähigkeiten her zu leisten imstande wären, werden als Minderleister bezeichnet. Gründe für die Diskrepanz zwischen Potenzial und Leistung können einerseits persönliche Einstellungen der Jugendlichen selbst sein (Leistungsängste, Misserfolgsorientierung, geringes Selbstvertrauen, soziale oder emotionale Schwierigkeiten, fehlende Lernstrategien). Sie können aber auch im geringen kulturellen Kapital oder in niedrigen Bildungsansprüchen des Erziehungsmilieus liegen. Andererseits kann Underachievement auch als Folge von Fehlentwicklungen in Lernprozessen, als Folge unzureichender Beachtung der Person und deren Leistungen oder aufgrund geringer Unterstützung in Lernprozessen entstehen (Gorard & Smith 2004; Uhlig et al. 2009, Greiten 2013). Von nicht zu unterschätzender Bedeutung für die Entstehung von Minderleistung sind durch ihre Abhängigkeit vom sozialen Umfeld die Beziehungen in der Lerngruppe und zu Lehrpersonen, aber auch die Auswirkungen von zu hohen resp. zu niedrigen Erwartungen und Unterrichtsangebote (VanTassel-Baska & Brown 2007). Wieczerkowski & Prado (1993) formulierten dazu das Modell der «Spirale der Enttäuschungen». Eine offene und weite Definition, die sich am Kriterium nicht umgesetzter Potenziale orientiert, geht von der Hälfte aller (Hoch-)Begabten aus, die als Minderleister bezeichnet werden können (Rimm 2008; Ziegler & Stoeger 2004). An Regressionsmodellen angelehnte Definitionen sprechen von 11 bis 20 % der Schülerinnen und Schüler, die ihre Fähigkeiten nicht in Leistung umsetzten können (Rost 2007; Gyseler 2009). Neben der Definition eines allgemeinen Underachievements ist zu festzustellen, dass Minderleistung auch fachspezifisch auftreten kann, da Begabungen und Leistungen einer Person auch in einzelnen Domänen ausgeprägt sein können (Preckel & Vock 2013, 83; Müller-Oppliger 2011). Insgesamt tritt Minderleistung bei Jungen etwa doppelt so häufig auf wie bei Mädchen (Reis & McCoach 2000). In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, dass eine breite Literatur zum Zusammenhang von unerkannter Minderleistung und Verhaltensauffälligkeiten in der Schule existiert. 6. Übererregbarkeit – Overexcitability Einige (Hoch-)Begabte weisen, als Folge einer überhöhten Erregbarkeit des Zentralnervensystems eine sehr hohe Sensibilität auf, die sie vieles anders erleben lässt als ihre Altersgenossen. Dabrowski (1964) charakterisiert diese Übererregbarkeit in fünf Erscheinungsformen: psychomotorisch         Überschuss an Energie, hoher Aktivitätslevel, Impulsivität, Ruh- und Rastlosigkeit; Redefluss in hohem Tempo, (oft fehldiagnostiziert als ADHS). sensorisch                    erhöhte Sensibilität im Erleben von Berührungen, Sehen und Hören, Geruch und Geschmack, oft Beeinträchtigung durch überstarke Wahrnehmung von Sinnesreizen oder Unstimmigkeiten (bis körperliche Abstossreaktionen). intellektuell                 intensiver Drang nach Verstehen und Erkenntnissen, exzessives und unnachgiebiges Fragenstellen, neugierig, oft exzessive Leser, Vorliebe zum «Denken übers Denken» (bis zum Verlieren in Gedanken, das dazu führen kann, dass „der Wald vor lauter Bäumen nicht mehr gesehen wird“), frühe Auseinandersetzung mit Problemen der Erwachsenen und der Welt, oft kritisch im Denken und ungeduldig mit anderen. imaginal                     überdurchschnittliches Vorstellungsvermögen, hohes konstruktiv-kreatives Potenzial, originelle und lebhafte Jugendliche, teilweises Ausklinken in regelgeleitetem, normativem Unterricht und Kreieren eigener Aufgaben oder einer Scheinrealität (Tagträumen), um dem „Wie man es macht“ oder „Wie es eben ist“ und/oder Langeweile zu entkommen. emotional                   intensives emotionalen Erlebens, hohes Einfühlvermögen/Mitgefühl, starkes Gerechtigkeitsempfinden verbunden mit „Weltschmerz“ zu Problemen der Menschheit und Umgebung, starke Selbstkontrolle, affektive (Über-)Reaktionen gegenüber ihrer Umwelt. Somatische Marker: Bauchschmerzen, Kopfweh/Migräne bis Depression (Dabrowski 1964; Dabrowski & Piechowski 1977, Webb 2004). Begabung kann nicht generell mit erhöhter Sensibilität gleichgesetzt werden. Dennoch sind Zusammenhänge zwischen der Differenziertheit in der Wahrnehmung, im Denken und Fühlen sowie in der Tiefe des emotionalen Erlebens mit spezifischen Hochleistungsausprägungen plausibel. Zahlreich sind die Beispiele hochbegabter Menschen, die Merkmale der Hochsensibilität aufweisen und teilweise ernsthaft darunter leiden. Immer wieder finden sich bei Schülerinnen und Schülern mit häufigen Kopf- oder Bauchschmerzen oder überraschenden affektiven Reaktionsweisen unerkannte dahinterliegende Hochleistungspotenziale mit überhöhten Selbst- und Fremdansprüchen. 7. Begabung und Behinderung - Twice Exceptional Eine weitere Gruppe von Jugendlichen, deren (Hoch-)Begabungen oft nicht wahrgenommen werden, stellen sogenannte «Twice Exceptionals» dar. Darunter verstehen wir Schülerinnen und Schüler mit überdurchschnittlichem Leistungspotenzial bei gleichzeitiger Teilleistungsschwäche, die verhindert, dass die Begabungen erkannt, gefördert oder in entsprechende Leistung umgesetzt werden können. Das sind Jugendliche mit beispielsweise ADHS, Lese-Rechtschreibschwächen, Verhaltensdefiziten oder körperlichen Beeinträchtigungen mit überdurchschnittlichen Begabungspotenzialen oder Fähigkeiten. Diese zu erkennen ist oft nicht einfach; es erfordert eine ausgesprochen differenzierte Wahrnehmung der Schülerinnen und Schüler, ihres Verhaltens und ihrer Leistungspotenziale durch die Lehrperson in Zusammenarbeit mit spezifisch ausgebildeten Fachpersonen der Begabungsförderung oder Schulpsychologen (Reis & Renzulli 2004; Kalbfleisch & Iguthi 2008, 707). Quelle: Auszug aus: Müller-Oppliger, Victor (2017). Horizonte und Perspektiven der Begabungsförderung. In: Begabungsförderung steigt auf. Begabungsförderung auf der Sekundarstufe I. Hrsg.: Stiftung für hochbegabte Kinder & Mercator Schweiz. Bern: hep-verlag ag.

  • Selbstgesteuertes Lernen als Voraussetzung für lebenslanges lernen

    Die Fähigkeit zum selbstgesteuerten Lernen ist die Grundvoraussetzung für lebenslanges Lernen. Das lebenslange Lernen und stetes sich Anpassen zählen neben den kognitiven Fähigkeiten wie dem kritischen Denken, kreativen Denken und «Higher oder thinking skills» und den megakognitiven Fähigkeiten wie der Selbstregulation, der Selbstregenerierung und der Reflexion zu den Future Skills. Future Skills bezeichnen die Zukunftskompetenzen unserer von Technologie und Digitalisierung geprägten zukünftigen Arbeitswelt (vgl. OECD Learning Compass 2030, S. 86 / Müller-Oppliger 2014, S. 126). Synonyme In der Literatur gibt es vielfältige Bezeichnungen für das selbstgesteuerte Lernen. Es wird unter folgenden Synonymen erwähnt: eigenständiges Lernen, selbstreguliertes Lernen, selbstbestimmtes Lernen, individuelles Lernen, selbstorganisiertes Lernen, selbsttätiges Lernen, selbstständiges Lernen (vgl. F. Bugnon, M2, «Einstiegspunkt Ressource 8: Selbstgesteuertes Lernen»). Das selbstgesteuerte Lernen stärkt das Selbstkonzept Die Selbststeuerung rückt Kinder und Jugendliche ins Zentrum ihres eigenen Lernprozesses. Durch die aktive Mitgestaltung des individuellen Lernweges wird Selbstwirksamkeit, Kompetenz und Autonomie erlebt. Überfachliche Kompetenzen wie zum Beispiel die Aufgabenverpflichtung, Gewissenhaftigkeit, Ausdauer, Selbstkontrolle, Durchsetzungsvermögen und Frustrationstoleranz, die entscheidend sind für den späteren Erfolg im Berufs- und Privatleben (vgl. Duckworth et al., 2007), werden aufgebaut und trainiert. Das Selbstkonzept wird gestärkt (Müller-Oppliger 2014, S. 125). Selbstgesteuertes Lernen fördert neben dem kreativen und kritischen Denken metakognitive Strategien wie die Lernmotivation, die Selbstlern- und Selbststeuerungsfähigkeiten, die Selbstreflexion und die Selbsteinschätzung. Das kooperative Lernen – voneinander und miteinander – wird gefördert, higher order thinking skills werden trainiert (vgl. Müller-Oppliger 2014). Lernen und der Eigensinn Die Fähigkeit zum selbstgesteuerten Lernen bringen alle Kinder erstmal von Natur aus mit: sie meistern ihre Entwicklungsschritte eigenständig, selbstgesteuert und im eigenen Rhythmus. Mit dem Schuleintritt werden sie jedoch auf schulisches Lernen konditioniert. Die Selbststeuerungsfähigkeiten weichen einer «erlernten Hilflosigkeit» (Müller-Oppliger 2014, S. 121f; nach Seligmann 1979). Um die Fähigkeit des selbstgesteuerten Lernens in der Schule wieder aufzubauen und zu trainieren, braucht es Selbstlernarchitekturen, kompetente Lernbegleitung und den Eigensinn der Lernenden. Einen Eigensinn stellen Lernende ein, wenn der Lerninhalt an das (individuelle) Vorwissen anknüpft. In der «Zone der nächsten Entwicklung» (Vygotski 1987) findet das nachhaltige Lernen statt. Die «Zone der nächsten Entwicklung» bezeichnet die Distanz zwischen dem momentanen Entwicklungsstand der eigenen Problemlösefähigkeit und der potenziellen Entwicklung dieser Problemlösefähigkeit, die mithilfe eines Erwachsenen oder im Peer-Learning erreicht werden kann (Tudge 1990). Die Rolle der Lehrperson erhält in diesem Kontext eine neue Bedeutung: die Lehrperson wird zur beratenden und unterstützenden Lernbegleitung. Das selbstgesteuerte Lernen muss gelernt werden Das selbstgesteuerte Lernen muss gelernt, begleitet und geübt werden. Das bestätigte die Selbsterfahrung im Rahmen des CAS-Studiums. Eine Fähigkeit, die erst entdeckt und mit Impulsen der Lernbegleitung, hier in Form der Modul-Leitenden, entwickelt und trainiert werden durfte. Zu den beobachteten Effekten zählten die Stärkung des Selbstwerts, eine anfängliche Überforderung, gefolgt durch einen immensen Motivations-Schub aufgrund der Mitgestaltung des eigenen Lernprozesses, ein neu entfachter Wissensdurst, eine viel geringere Abhängigkeit von Bewertungen. Eigene Leistungen einschätzen zu lernen, gehörten ebenfalls zum Lernprozess. Kommentare und Inputs von Modul-Leitenden regten zum Weiterdenken an. Mit der wiederkehrenden Reflexion wurde der Wissenszuwachs sichtbar. Das Lernen erhielt einen neuen Sinn – einen Eigensinn. Das selbstgesteuerte Lernen vermochte sogar, hinderliche Glaubenssätze aufzulösen. Quellen Müller-Oppliger, V. (2014): Selbstlernarchitekturen zu selbstgesteuerter Begabungsförderung. In: Weigand, G., Victor Müller-Oppliger, V.; Hackl, A.; Schmid, G.(Hrsg). Personorientierte Begabungsförderung. Eine Einführung in Theorie und Praxis. Weinheim, Basel: Beltz Verlag. S. 115-127. Bugnon, F. (2023): Einstiegspunkt «Selbstgesteuertes Lernen». Unterlagen Modul 2 (Lernsequenz R08). CAS/MAS IBBF. Muttenz: Pädagogische Hochschule FHNW Tudge (1990): Vygotsky, the Zone of Proximal Development, and Peer Collaboration: Implications for Classroom Practice, S. 155-172. Vygotsky, L. S. (1978): Mind in Society: The Development of Higher Psychological Processes. Cambridge, Mass.: Harvard University Press. Haste, H. (2018), Attitudes and Values and the OECD Learning Framework 2030: A Critical Review of Definitions, Concepts and Data., OECD, https://www.oecd.org/education/2030/ in: OECD Future of Education and Skills 2030, OECD Learning Compass 2030, A Series of Concept Notes, https://www.oecd.org/content/dam/oecd/en/about/projects/edu/education-2040/1-1-learning-compass/OECD_Learning_Compass_2030_Concept_Note_Series.pdf

  • Mehrdimensionales Begabungskonzept von Urban (1990)

    Das Mehrdimensionale Begabungsmodell des deutschen Sonderpädagogen Klaus K. Urban versucht, die veränderten Vorstellungen von Hochbegabungen grafisch zu veranschaulichen. Dazu wählt er die Form einer Pyramide, die von einer Kugel umhüllt ist. Einflüsse anderer Wissenschaftler werden bei näherer Betrachtung eindeutig. Urbans Modell setzt beim Drei-Ringe-Modell von Renzulli an: Hohe Leistungen ergeben sich, wenn hohe intellektuelle Fähigkeiten auf Kreativität und Anstrengungsbereitschaft treffen. Diese müssen aber eingebettet sein in positive, förderliche Umweltbedingungen (Außenkreis: Gesell- schaftliche Umwelt, Innenkreis: direkte, symbolische, materielle, soziale und kulturelle Umwelt). Urban unterscheidet im Modell zwischen abstrakt-intellektuellen, praktisch-instrumentellen, sozialen oder künstlerischen Begabungen, räumt aber ein, dass er darüber hinaus psycho-physiomotorische Einflüsse und Teilbegabungen wie verbale, mathematische, musikalische und bildnerische Talente einbezieht. Urban will mit der Doppelpyramide veranschaulichen, dass die unterschiedlichen besonderen Befähigungen möglicherweise verschieden gross, geformt oder gelagert sind. Die schriftlichen Erläuterungen seines Modells bezieht Urban meist auf allgemein hohe intellektuelle Begabungen. Die im Modell gleichrangig zur intellektuellen Begabung dargestellten abstrakt-intellektuellen, praktisch-instrumentellen, sozialen oder künstlerischen Begabungen geraten aus dem Blickfeld. Gleichzeitig hofft Urban auf eine «harmonische Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit», bietet aber keine Anleitung dazu. Holling bemerkt kritisch, dass Urban, von einem «Idealbild» des Menschen ausgeht, der über sehr hohe intellektuelle, sowie praktische und künstlerische Fähigkeiten verfügt, Aussergewöhnliches zu leisten vermag und gleichzeitig auch eine überdurchschnittlich hohe soziale Einstellung hat. Die selbstverständliche Verknüpfung dieser Fähigkeiten liegt nicht unbedingt auf der Hand (Holling, 1999). Quelle: Holling, H.; Kanning, U.P. (1999). Hochbegabung. Forschungsergebnisse und Fördermöglichkeiten. Bern, Göttingen, Toronto, Seattle: Hogrefe-Verlag.

  • Begabungs- und Talentmodell von Francois Gagné (1993)

    Text: Martina Kolcava, überarbeitet von Stephanie Schmitt-Bosslet Gagné fehlt an Renzullis Modell die Unterscheidung zwischen Begabung und manifestierter aussergewöhnlicher Leistung. Sein Modell stellt deshalb eine Weiterentwicklung dar, wobei er sich auf das «Komponentenmodell der Talententwicklung» von Wieczerkowski abstützte. In Gagnés Modell wird zwischen Begabung und Talent differenziert. Die Begabung wäre bei ihm eine angeborene aber noch nicht systematisch entwickelte Fähigkeit in einem oder mehreren Bereichen. Das Ta- lent ist die «Entwicklung einer Begabung» in einem oder mehreren Bereichen, in welchen man einen bestimmten Grad an Expertise erreicht. Insofern definiert er die Begabung als hohes Potenzial, das Talent als überdurchschnittliche Performanz in einem Bereich. Wird eine Begabung oft verwendet und gefördert, wird die Kompetenz ständig wiederholt und erweitert, so wächst die Übung und es entstehen neue Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten auf dem Gebiet, man wird zum Experten. Dabei ist die Unterstützung durch andere positive Faktoren notwendig. Gagné spricht hier von den Intrapersonalen Katalysatoren (Motivation, Selbstvertrauen, Wille, Ausdauer) und Umwelt - Katalysatoren (Familie, Freunde, Schule, örtliche und zeitliche Gegebenheiten). (vgl. Holling & Kanning, 1999. S. 15). Nach einem Update von 2008 stellt Gagné sein «Differentiating Model of Giftedness and Talent» (DMGT 2.0) wie folgt dar: Quellen: Holling, H.; Kanning, U.P. (1999). Hochbegabung. Forschungsergebnisse und Fördermöglichkeiten. Bern, Göttingen, Toronto, Seattle: Hogrefe-Verlag. Fischer, Ch. (2008). Lernstrategien in der Begabtenförderung. Strategien des selbstgesteuerten Lernens in der individuellen Förderung besonders begabter Kinder. In: news&science özbf, Nr.19 / Ausgabe 2. Fischer, Ch.; Mönks, F.J.; Grindel, E.(Hrsg) (22008).Curriculum und Didaktik der Begabtenförderung. Begabungen fördern, Lernen individualisieren. Berlin: LIT Verlag.

  • Triadisches Interdependenzmodell von F. J. Moenks (1986)

    Text: Martina Kolcava, überarbeitet von Stephanie Schmitt-Bosslet Mönks hat das Modell Renzullis aus entwicklungspsychologischer Sicht erweitert. Sein «Triadisches Interdependenzmodell» von 1990 hat er stetig in den darauffolgenden Jahren weiterentwickelt und bezeichnet es mittlerweile als «Mehr-Faktoren-Modell» der Hochbegabung. Die Persönlichkeitsmerkmale bezeichnet Mönks inzwischen nicht mehr mit den Begriffen Intelligenz, Aufgabenzuwendung und Kreativität, sondern als hohe intellektuelle Fähigkeiten, Motivation und Kreativität (vgl. Mönks & Ypenburg, 2000). Das «Mehr-Faktoren-Modell» der Hochbegabung von Mönks verdeutlicht, dass die Manifestation einer hohen Begabung nicht ausschliesslich von den Persönlichkeitsmerkmalen abhängig ist, sondern auch entscheidend durch die soziale Umgebung beeinflusst wird. Die drei wichtigsten Gruppen bzw. Bereiche der sozialen Umgebung sind für ein Kind seine Familie, das schulische Umfeld und die Peergroup (Freunde): «Hochbegabung als besondere (intellektuelle) Leistung ist das Resultat eines förderlichen Zusammenspiels (Interaktion) zwischen den Persönlichkeitsmerkmalen Kreativität, Motivation und hohe (intellektuelle) Fähigkeiten und den Sozialbereichen Familie, Schule und Freundeskreis» (Mönks, 2000). Für eine gelingende Interaktion zwischen einem Individuum und seiner Umwelt ist es zwingende Voraussetzung, dass das Individuum über ausreichende soziale Kompetenzen verfügt. Mönks macht darauf aufmerksam, dass gerade hochbegabte Kinder beim Erwerb sozialer Kompetenzen benachteiligt sind, da sie wegen des grossen Unterschiedes in der Entwicklung häufig Schwierigkeiten haben, Anschluss an Klassenkameraden bzw. Gleichaltrige zu finden. Rost kritisiert dabei die unklare Trennung zwischen Hochbegabung und Hochleistung vor allem in Hinblick auf die Rolle von Motivation und Umweltfaktoren. Dies ist beispielsweise bei der Überlegung entscheidend, ob Underachiever (hoher IQ, aber geringe Leistungen) als hochbegabt bezeichnet werden können oder nicht. Quelle: Mönks, F.J.; Ypenburg, I.H. (2005). Unser Kind ist hochbegabt – Ein Leitfaden für Eltern und Lehrer. München, Basel: Reinhardt, 4. Auflage.

  • Aktiotopmodell nach Albert Ziegler (2005)

    Text: Martina Kolcava, überarbeitet von Stephanie Schmitt-Bosslet Albert Ziegler hat 2005 das «Aktiotop-Modell» entwickelt. In seinem systemischen Ansatz beschreibt er ausgedehnte Lernprozesse, welche durchlaufen werden müssen und notwendig sind, um Leistungsexzellenz in den unterschiedlichsten Domänen zu erreichen. Er unterstreicht zudem die Relevanz der vielen «Soziotope», in denen sich (nicht nur junge) Menschen bewegen und die massgeblich dazu beitragen, inwiefern eine Person ihre Handlungsmöglichkeiten und Handlungskompetenzen erweitern kann. Quelle: Ziegler, A. (2009). Ganzheitliche Förderung umfasst mehr als nur die Person: Aktiotop- und Soziotopförderung. In Heilpädagogik online 2/09.

  • Das Ökologische Begabungsmodell von Müller-Oppliger (2009 / 2014)

    Text: Martina Kolcava, überarbeitet von Stephanie Schmitt-Bosslet Victor Müller-Oppliger schliesst mit dem 2009 entstandenen «Dialektischen Modell» an Albert Ziegler und Christian Fischer an. Sein Modell beinhaltet und bezeichnet weitere Dimensionen der Handlungsmöglichkeiten, sowie der Umwelt- und Persönlichkeitsmerkmale, welche – sofern sie förderlich sind - zur Leistungsexzellenz führen können. Heute wird das Modell «Ökologisches Begabungsmodell» genannt (Müller-Oppliger et al. 2014). Quellen: Müller-Oppliger, V. (2009). Impulse zu Begabungsmodellen und Menschenbild – Ein dialektisches Begabungsmodell. Gadheimer Tagung: Karg Stiftung. Müller-Oppliger, V. (2014). Paradigmenwechsel zu einem ökologischen Begabungsmodell. In: Weigand, G.; Müller-Oppliger, V.; Hackl, A.; Schmid, G. (Hrsg) (2014): Personorientierte Begabungsförderung. Eine Einführung in Theorie und Praxis. Weinheim, Basel: Beltz Verlag.

  • Modell individualisierter Hochbegabung nach Trautmann (2003)

    Text: Martina Kolcava, überarbeitet von Stephanie Schmitt-Bosslet Thomas Trautmann, Professor für Grundschulpädagogik an der Universität Hamburg, betont in seinem Modell individualisierter Hochbegabung von 2003 «dass die Einflussfaktoren jedes einzelnen Begabungs-, Leistungs- und Umweltfaktors individuell unterschiedlich gewichtet sind» (Trautmann, 2010, S.22) und stellt damit das Individuum in den Mittelpunkt. Jeder Mikadostab bildet bei Trautmanns Denkmodell für jede Person individuell unterschiedlich ausgeprägte und in ihrer Lage variierende Anlagen, Umweltbedingungen und Fähigkeiten ab. Aus pädagogischer Sicht will Trautmann mit diesem Modell je nach Wertigkeit und Lage der Begabungen, individuelle Problembereiche ableiten und darstellen. Quelle: Trautmann, T. (2010). Einführung in die Hochbegabtenpädagogik. Grundlagen der Schulpädagogik Band 53. Baltmannsweiler: Hohengehren.

  • Das Münchner Begabungsmodell von K. Heller, Perleth & Hany (1994)

    Text: Martina Kolcava, überarbeitet von Stephanie Schmitt-Bosslet Hellers Münchner Begabungsmodell unterscheidet inhaltlich unabhängige Begabungsbereiche (sog. Prädikatoren), welche unter Einfluss von nicht-kognitiven Persönlichkeits- und Umweltmerkmalen in diverse Leistungsbereiche oder Begabungsformen münden. Deshalb spricht man hier von einem Einflussfaktorenmodell. Das «Talent» bei Gagné wird bei Heller durch den Begriff der Leistung ersetzt, ansonsten sind die beiden Modelle vergleichbar. Es ist festzustellen, dass die Intelligenz oder intellektuelle Fähigkeit bei den meisten Forschern zwar an erster Stelle steht, dennoch wird Hochbegabung mehrheitlich definiert, als die Möglichkeit, Hochleistung durch Koppelung von individuellen, kognitiven, motivationalen, sozialen und persönlichkeitsabhängigen Faktoren zu erbringen. Das Modell von Heller u.a. verdeutlicht den Einfluss und die Bedeutung der Moderatoren auf die Begabungsfaktoren und somit auf die Leistungskriterien. Massgebend für die Entwicklung von Fähigkeiten (Potentialen) zu Leistungen (Performanz) ist die Wirkung von nichtkognitiven Persönlichkeitsmerkmalen und von Umweltfaktoren. Das Leistungsverhalten wird also als Produkt von Prädikatoren und Moderatoren aufgefasst. Man darf jedoch nicht vergessen, dass die Moderatoren auch hemmend wirken können. Verwendete Literatur: Heller, K.A. (Hrsg.) (2 2000). Lehrbuch Begabungsdiagnostik in der Schul- und Erziehungsberatung. Bern, Göttingen, Toronto, Seattle: Verlag Hans Huber. 2. vollständig überarbeitete Auflage.

  • Integratives Begabungsmodell nach Christian Fischer (2003)

    Text: Martina Kolcava, überarbeitet von Stephanie Schmitt-Bosslet Christian Fischers Integratives Begabungsmodell (2006) stellt sich in eine Reihe mit den Modellen von Gagné und Heller. Wie Albert Ziegler hebt er die zentrale Bedeutung jener Ebene hervor, welche die, durch Persönlichkeits- und Umweltfaktoren beeinflussten, Lern- und Entwicklungsprozesse darstellt, ohne diese allerdings genauer zu benennen. Die Anwendung von Lernstrategien und pädagogisch-didaktische Möglichkeiten der Motivationssteigerung werden bei seinen Überlegungen mit einbezogen. Verwendete Literatur: Fischer, Ch. (2008). Lernstrategien in der Begabtenförderung. Strategien des selbstgesteuerten Lernens in der individuellen Förderung besonders begabter Kinder. In: news&science özbf, Nr.19 / Ausgabe 2. Fischer, Ch.; Mönks, F.J.; Grindel, E. (Hrsg) (2 2008).Curriculum und Didaktik der Begabtenförderung. Begabungen fördern, Lernen individualisieren. Berlin: LIT Verlag.

  • Kongress Begabungs- und Begabtenförderung November 2023: «Future Skills!»

    10. & 11. November 2023 Campus Muttenz/Basel Der Kongress wird digital durchgeführt. Der nächste gesamtschweizerische Kongress zur schulischen Begabungs- und Begabtenförderung wird am 10. & 11. November 2023 in digitaler Form an der Pädagogischen Hochschule FHNW durchgeführt. Die Welt von Morgen steht vor vielen Herausforderungen. Wir brauchen gescheite Köpfe, die helfen die anstehenden Probleme zu lösen. Was benötigen unsere Kinder und Jugendlichen, um zu verantwortungsvollen, handlungsfähigen, der Ethik verpflichteten Erwachsenen zu werden? Die Begabungs- und Begabtenförderung kann einen bedeutsamen Beitrag leisten, dass wir die Potenziale unserer Gesellschaft nutzen, um unsere wunderschöne Welt und die Zukunft aller darauf wohnenden Wesen zu sichern. Future Skills sind gefragt! Wie können exekutive Funktionen, digitale Kompetenzen, Kommunikation und Weitblick, gefördert werden? Was braucht es noch? Diese und andere relevante Themen werden in diesem Kongress diskutiert, neue Erkenntnisse und Anregungen vermittelt und mit konkreten Beispielen untermauert. Der Kongress ist eine schweizerische und internationale Gesamtveranstaltung für alle an der Begabungs-/Begabtenförderung interessierten und beteiligten Lehr- und Fachpersonen. Die Anmeldung ist ab April 2023 möglich. Frühbucher profitieren von günstigeren Kongressbeiträgen. Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme! Informationen zum Kongress werden ab März auf der Website der PH FHNW veröffentlicht. Für Fragen stehen Ihnen zur Verfügung: Salomé Müller-Oppliger Studienleitung CAS/MAS IBBF salome.mueller@fhnw.ch Florian Bugnon florian.bugnon@fhnw.ch

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