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  • Nicole Vontobel

Selbstgesteuertes Lernen als Voraussetzung für lebenslanges lernen


Die Fähigkeit zum selbstgesteuerten Lernen ist die Grundvoraussetzung für lebenslanges Lernen. Das lebenslange Lernen und stetes sich Anpassen zählen neben den kognitiven Fähigkeiten wie dem kritischen Denken, kreativen Denken und «Higher oder thinking skills» und den megakognitiven Fähigkeiten wie der Selbstregulation, der Selbstregenerierung und der Reflexion zu den Future Skills. Future Skills bezeichnen die Zukunftskompetenzen unserer von Technologie und Digitalisierung geprägten zukünftigen Arbeitswelt (vgl. OECD Learning Compass 2030, S. 86 / Müller-Oppliger 2014, S. 126).


Selbstgesteuertes Lernen aus Voraussetzung für lebenslanges Lernen

Synonyme


In der Literatur gibt es vielfältige Bezeichnungen für das selbstgesteuerte Lernen. Es wird unter folgenden Synonymen erwähnt: eigenständiges Lernen, selbstreguliertes Lernen, selbstbestimmtes Lernen, individuelles Lernen, selbstorganisiertes Lernen, selbsttätiges Lernen, selbstständiges Lernen (vgl. F. Bugnon, M2, «Einstiegspunkt Ressource 8: Selbstgesteuertes Lernen»).



Das selbstgesteuerte Lernen stärkt das Selbstkonzept


Die Selbststeuerung rückt Kinder und Jugendliche ins Zentrum ihres eigenen Lernprozesses. Durch die aktive Mitgestaltung des individuellen Lernweges wird Selbstwirksamkeit, Kompetenz und Autonomie erlebt. Überfachliche Kompetenzen wie zum Beispiel die Aufgabenverpflichtung, Gewissenhaftigkeit, Ausdauer, Selbstkontrolle, Durchsetzungsvermögen und Frustrationstoleranz, die entscheidend sind für den späteren Erfolg im Berufs- und Privatleben (vgl. Duckworth et al., 2007), werden aufgebaut und trainiert. Das Selbstkonzept wird gestärkt (Müller-Oppliger 2014, S. 125).


Selbstgesteuertes Lernen fördert neben dem kreativen und kritischen Denken metakognitive Strategien wie die Lernmotivation, die Selbstlern- und Selbststeuerungsfähigkeiten, die Selbstreflexion und die Selbsteinschätzung. Das kooperative Lernen – voneinander und miteinander – wird gefördert, higher order thinking skills werden trainiert (vgl. Müller-Oppliger 2014).


Lernen und der Eigensinn


Die Fähigkeit zum selbstgesteuerten Lernen bringen alle Kinder erstmal von Natur aus mit: sie meistern ihre Entwicklungsschritte eigenständig, selbstgesteuert und im eigenen Rhythmus. Mit dem Schuleintritt werden sie jedoch auf schulisches Lernen konditioniert. Die Selbststeuerungsfähigkeiten weichen einer «erlernten Hilflosigkeit» (Müller-Oppliger 2014, S. 121f; nach Seligmann 1979). Um die Fähigkeit des selbstgesteuerten Lernens in der Schule wieder aufzubauen und zu trainieren, braucht es Selbstlernarchitekturen, kompetente Lernbegleitung und den Eigensinn der Lernenden.


Einen Eigensinn stellen Lernende ein, wenn der Lerninhalt an das (individuelle) Vorwissen anknüpft. In der «Zone der nächsten Entwicklung» (Vygotski 1987) findet das nachhaltige Lernen statt. Die «Zone der nächsten Entwicklung» bezeichnet die Distanz zwischen dem momentanen Entwicklungsstand der eigenen Problemlösefähigkeit und der potenziellen Entwicklung dieser Problemlösefähigkeit, die mithilfe eines Erwachsenen oder im Peer-Learning erreicht werden kann (Tudge 1990). Die Rolle der Lehrperson erhält in diesem Kontext eine neue Bedeutung: die Lehrperson wird zur beratenden und unterstützenden Lernbegleitung.



Das selbstgesteuerte Lernen muss gelernt werden


Das selbstgesteuerte Lernen muss gelernt, begleitet und geübt werden. Das bestätigte die Selbsterfahrung im Rahmen des CAS-Studiums. Eine Fähigkeit, die erst entdeckt und mit Impulsen der Lernbegleitung, hier in Form der Modul-Leitenden, entwickelt und trainiert werden durfte. Zu den beobachteten Effekten zählten die Stärkung des Selbstwerts, eine anfängliche Überforderung, gefolgt durch einen immensen Motivations-Schub aufgrund der Mitgestaltung des eigenen Lernprozesses, ein neu entfachter Wissensdurst, eine viel geringere Abhängigkeit von Bewertungen. Eigene Leistungen einschätzen zu lernen, gehörten ebenfalls zum Lernprozess. Kommentare und Inputs von Modul-Leitenden regten zum Weiterdenken an. Mit der wiederkehrenden Reflexion wurde der Wissenszuwachs sichtbar. Das Lernen erhielt einen neuen Sinn – einen Eigensinn. Das selbstgesteuerte Lernen vermochte sogar, hinderliche Glaubenssätze aufzulösen.



 


Quellen


  • Müller-Oppliger, V. (2014): Selbstlernarchitekturen zu selbstgesteuerter Begabungsförderung. In: Weigand, G., Victor Müller-Oppliger, V.; Hackl, A.; Schmid, G.(Hrsg). Personorientierte Begabungsförderung. Eine Einführung in Theorie und Praxis. Weinheim, Basel: Beltz Verlag. S. 115-127.

  • Bugnon, F. (2023): Einstiegspunkt «Selbstgesteuertes Lernen». Unterlagen Modul 2 (Lernsequenz R08). CAS/MAS IBBF. Muttenz: Pädagogische Hochschule FHNW

  • Tudge (1990): Vygotsky, the Zone of Proximal Development, and Peer Collaboration: Implications for Classroom Practice, S. 155-172.

  • Vygotsky, L. S. (1978): Mind in Society: The Development of Higher Psychological Processes. Cambridge, Mass.: Harvard University Press.

  • Haste, H. (2018), Attitudes and Values and the OECD Learning Framework 2030: A Critical Review of Definitions, Concepts and Data., OECD, https://www.oecd.org/education/2030/ in: OECD Future of Education and Skills 2030, OECD Learning Compass 2030, A Series of Concept Notes, https://www.oecd.org/content/dam/oecd/en/about/projects/edu/education-2040/1-1-learning-compass/OECD_Learning_Compass_2030_Concept_Note_Series.pdf

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